Das sonderbare Schlafzimmer des Herrn Linné

Schon zu Lebzeiten war der schwedische Forscher Carl von Linné (23.5.1707 – 10.1.1778) in Fachkreisen eine Legende. Er entwickelte nämlich ein revolutionäres neues System der Pflanzenbenennung, das auch noch heute ähnlich gültig ist. Das Linnésche System ordnete die Pflanzenwelt völlig neu und schuf neue Standards in der Namensgebung für Pflanzen. So konnten sich Wissenschaftler auf einmal viel leichter über Pflanzen austauschen, für die es bisher eine Vielzahl an regional oder gar lokal unterschiedlichen Namen gegeben hatte. Junge Botaniker aus ganz Europa machten sich deshalb Mitte des 18. Jahrhunderts auf, um ihr Idol von Angesicht zu Angesicht zu treffen. In seiner Autobiografie schreibt Linné über sich: „Denn wenn er jährlich des Sommers botanisierte, hatte er ein paar hundert auditores, welche Pflanzen und Insekten sammelten, Observationen anstellten, Vögel schossen, Protokoll führten. Und nachdem sie von morgens sieben bis abends neun Uhr mittwochs und sonnabends botanisiert hatten, kamen sie in die Stadt zurück mit Blumen auf den Hüten, begleiteten auch ihren Anführer mit Pauken und Waldhörnern durch die ganze Stadt bis zu dem Garten.“ Linnés Sommerhaus in Hammarby bei Stockholm existiert immer noch und heißt heute als Museum Besucher willkommen. Wer das Haus betritt, kann auf seinem Rundgang viel Schönes entdecken. So auch ein chinesisches Teeservice, das man als Hommage an den großen Naturforscher mit der „Linnaea borealis“ (dem Erd- oder Moosglöckchen) bemalt hat.
Doch wenn man das Schlafzimmer Linné betritt, bleibt einem vor Staunen der Mund offen stehen. Es erwarten einen nämlich keine gekalkten Mauern oder etwa eine normale Tapete: Wohin das Auge blickt, sind Kupferstiche des berühmten Pflanzenmalers Georg Dionysos Ehret zu sehen! Diese Bilder hatte Linné aus einem Buch entnommen, das man ihm zur Begutachtung vorgelegt hatte. Ob Linné aus Begeisterung für die Qualität der botanischen Zeichnungen oder aus smaländischer Sparsamkeit
heraus handelte – die Antwort auf diese Frage hat der Schwede mit ins Grab genommen. Eines steht
jedoch fest: Ein solches Schlafzimmer gibt es ganz bestimmt nicht noch einmal auf der Welt!

Text: Antje Peters-Reimann (www.gruenwort.de)

Bilder:
Emma Schenson Hammarby (1864):
Das Schlafzimmer von Linné in Hammarby (Quelle Wikimedia Commons)
Linnés Haus in Hammarby